Stillen: Der natürliche Wachstumsmotor für eine gesunde Gesichtsentwicklung

29. Juli 2024

Wachstum ist ein sehr komplexer Prozess, der durch verschiedene Einflüsse sowohl gefördert als auch gehemmt werden kann. Insbesondere bei der falschen Verwendung von Beruhigungssaugern, Saugflaschen und dergleichen kann das natürliche Gesichtswachstum negativ beeinflusst werden.

Nicht selten resultieren hieraus schmale Kiefer, eine schlaffe Kau- und Gesichtsmuskulatur, Kieferfehlstellungen, eine dauerhafte Mundatmung und viele weitere Fehlentwicklungen. Stillen als natürlicher Wachstumsmotor, kann diesen Fehlentwicklungen bedeutend entgegenwirken und auf natürliche Art und Weise eine gesunde Gesichtsentwicklung fördern.  

Merkmale eines gesunden Gesichtswachstums 

 Ein gesundes Gesichtswachstum basiert in erster Linie auf großen sowie breiten Kiefern. 

Denn nur ein breiter Kiefer bietet genügend Platz für die Zähne und vermeidet spätere Engstände bzw. Fehlbisse. Außerdem ermöglicht, aus anatomischer Sicht, ein breit entwickelter Oberkiefer eine breite Basis für die darüberliegende Nase. Dies unterstützt die gewünschte Nasenatmung. Ober- sowie Unterkiefer sollten nicht nur in der Breite ausreichend wachsen, sondern sich auch in ihrer Lagebeziehung zueinander korrekt entwickeln. Dies ist für eine gesunde Bisslage und eine harmonische Gesichtsentwicklung von großer Bedeutung.  

Wie fördert Stillen ein gesundes Gesichtswachstum? 

Die Bezeichnung Säugling verdeutlicht, welch zentrale Rolle das Saugen in der Entwicklung eines Neugeborenen spielt. Es dient nicht nur der Nahrungsaufnahme, sondern fördert gezielt die natürliche Gesichtsentwicklung. 

Auswirkungen auf den Oberkiefer 

Beim Stillen passt sich die Brust der Mutter vollständig dem gesamten Gaumen des Säuglings an. Während des Saugvorgangs wird die Brust mittels der Zunge flächig an den Gaumen des Kindes gedrückt. Die hierbei entstehenden Kräfte wirken sich wachstumsfördernd auf die Entwicklung des Oberkiefers aus. 
Bei der Flaschenfütterung hingegen wird dieser Effekt häufig nicht erzielt. Dies liegt darin begründet, dass der Saugaufsatz meist nur im vorderen Teil des Gaumens zum Liegen kommt und sich nicht vollständig den anatomischen Gegebenheiten des Gaumens anpasst.  

Auswirkungen auf den Unterkiefer 

Neugeborene kommen mit einer angeborenen Unterkieferrücklage auf die Welt. Diese soll die Geburt aus anatomischer Sicht erleichtern. Nach der Geburt gilt es, der Unterkieferrücklage durch natürliche Wachstumsprozesse entgegenzuwirken. 


Während der Nahrungsaufnahme in Form des Stillens wiederholt der Unterkiefer beim Saugen und Schlucken einen Zyklus von Vor- und Rückbewegungen. Die hierbei notwendigen Muskelkräfte regen das Wachstum des Unterkiefers an und kompensieren mit der Zeit die angeborene Unterkieferrücklage.  

Stillen wirkt also wie eine kieferorthopädische Zahnspange!  

Auswirkungen auf die Gesichts- und Zungenmuskulatur 

Stillen hat sowohl eine beruhigende als auch eine ermüdende Wirkung für das Neugeborene. Aufgrund des angeborenen Schluckmusters eines Säuglings werden beim Wechselspiel von Saugen und Schlucken ein Großteil der Gesichts- und Zungenmuskulatur beansprucht. Dieser Kraftakt trainiert die Muskulatur und ermöglicht langfristig die gezielte motorische Koordination der Muskelgruppen. 
Bei der Nahrungsaufnahme mittels der Flaschenfütterung wirkt dieser Einfluss auf die Gesichtsentwicklung nur bedingt. Häufig werden Saugaufsätze mit einer zu großen Öffnung gewählt oder diese sogar zur schnelleren Fütterung vergrößert. Somit wird bei der Nahrungsaufnahme kein gesteigerter Kraftaufwand für den Säugling notwendig. Der gewünschte positive Effekt auf die Kieferentwicklung bleibt aus und die Muskulatur entwickelt sich motorisch unzureichend. 

Auswirkungen auf die Atemtechnik 

Beim Stillen wird nicht nur das Kieferwachstum angeregt, sondern auch die Nasenatmung des Säuglings automatisiert. Der große Kraftaufwand beim Saugen und Schlucken fordert tiefe sowie lange Atemzüge. Diese können mittels der Nasenatmung parallel zur Nahrungsaufnahme durchgeführt werden. 
Bei der Mundatmung hingegen liegt die Zunge dem Gaumen des Säuglings nicht flächig an. Hierdurch bleibt der wachstumsfördernde Effekt auf den Gaumen aus.  

Des Weiteren kann das Immunsystem des Säuglings über die in der Muttermilch enthaltenen Abwehrstoffe gestärkt werden. Da häufige Infekte der Atemwege langfristig zu einer dauerhaften Mundatmung führen können, ist die Nasenatmung eine wichtige Grundlage für ein gesundes Gesichtswachstum.  

Die Nahrungsaufnahme in Form des Stillens ist jedoch nicht immer möglich. In diesen Fällen sollte bei der Auswahl der Saugaufsätze dringend auf die korrekte anatomische Form und eine altersgerechte Saugöffnung geachtet werden. Zudem sollte von der Vergrößerung der Saugöffnung abgesehen werden. Nur so wird der geforderte Kraftaufwand bei der Nahrungsaufnahme gewahrt und die natürliche Gesichtsentwicklung erhalten. 

 Quellen:

  • Dr. med. dent. Andrea Freudenberg, Fachzahnärztin für Kieferorthopädie
  • Gesundheitsportal: medondo.health